Die DÖDELHAIE überzeugen

Ich bin träge geworden. Der Weltschmerz wiegt schwer, der Zeitgeist mich in Trance. Apathisch liege ich hier treibend auf den Wogen der Gegenwart. Hin und wieder Verzweiflung, doch viel zu oft maximal ein verständnisloses Kopfschütteln beim Blick auf alles, was so passiert.

Und Plötzlich „HAI ALARM!“ ich reiß die Augen auf. Habe ich diese Platte nun schon vor gut 8 Jahren geschenkt bekommen, nie reingehört und die Dödelhaie, wenn überhaupt, nur am Rande mitbekommen. Ein erstes Warmhören also. Gefällt schonmal sehr gut. „Linksextreme Hassmusik“, das neunte volle Album, schubst mich von der Luftmatratze ins trübe Wasser. „Chemtrailpiloten“ lässt die Scheibe perfekt starten. Ich habe zwar keine Alufolie, setz mir ersatzweise aber mal das Küchensieb auf. So viele durchdachte Texte, die ebenso intelligent wie grotesk sind, zerschmelzen mir noch das Hirn, wenn ich nicht aufpasse. „Der Server ist down“ singe ich ums Teelicht tanzend. Erinnert mich irgendwie an „Der Turm stürzt ein“. Wunderbar zeitgemäß, zynisch und wie die anderen Songs des Albums nicht zu fett, aber krachend, authentisch und am aktuellen ‚Standard‘ orientiert produziert.

Ich muss gar nicht auf jeden Text einzeln eingehen, höre am besten selbst noch mehrmals rein, denn das Album macht richtig Spaß.

Nach 37 Jahren Bandgeschichte eine Scheibe mit solch einer Hitdichte rauszuhauen, verdient Respekt. Musikalisch gibt’s klassischen Deutschpunk mit viel Energie, Salz für die Wunden des menschgewordenen abgestumpften Zeitgeists, Humor und etwas Selbstreflektion. Überall verstreut finden sich auch eingängige Gitarren- und Gesangsmelodien. Mir hat die Hakelige in Hailand extrem gut gefallen. Zunächst lässt sich ein meinerseits längst überfälliges „Entschuldigung“ nicht umgehen. Ich habe hier seit ca. 16 Jahren eine Band völlig zu Unrecht ignoriert, die mir damals bestimmt schon richtig gut gefallen hätte.

Liebe Dödelhaie, eure linksextreme Hassmusik hat mich wieder aufhorchen lassen und mich aus der Teilnahmslosigkeit rausgeholt. Ich hoffe da kommen noch ein paar solcher Platten und dass ich generell noch ein paar Perlen im Punkrock finde. Danke für das Nachdenklichmachen, das Selbstreflektierenlassen und die Motivation endlich auch wieder tätig zu werden. Einer muss den Job machen und ihr habt Ihn richtig gut gemacht.

Jetzt bin ich hier zwar etwas orientierungslos gestrandet, aber immerhin nicht im Wirrwarr des Seins untergegangen…

TEXT: Oliver Sommer