Interview mit Lizal von Die Dorks

Von der Volksmusik zur Punkerin! Diesen Werbegang machte Frontfrau Lizal von „Die Dorks“ durch. Wir haben es hinterfragt, wie es dazu kam.

Wie war die Entstehung zu der Einstellung „Punk“?
Durch meine traumatisierenden Erlebnisse in der Schlagerszene vielleicht? Also im Ernst, ich war wirklich mal Schlagersängerin und hatte `nen Auftritt beim Grand Prix der Volksmusik. Das ist echt krass und du denkst wahrscheinlich auch wie viele andere, dass ich dir jetzt irgend eine Geschichte erzähle. Aber das stimmt wirklich. Ich war, wenn man den Leuten glauben mag, also etwas musikalisch begabt, deswegen wollten die dann auch ein Album mit mir machen, was ich dankend abgelehnt habe. Es war schon ziemlich befremdlich diese ganze Scheinwelt und Doppelmoral die in dieser Musikbranche herrscht, zu erleben. Deswegen bin ich sehr stolz darauf, dass ich mich als damals noch 15-jährige so gut selbst reflektieren konnte, diesen „Weg des Abstiegs“ nicht zu beschreiten 😉 Statt dessen hatte ich zu der Zeit meine ersten Berührungspunkte mit Musik der härteren Gangart und es hat mich alles angezogen, was mit Punkrock und Heavy Metal zu tun hatte. Meine ersten Platten waren Wizo und Iron Maiden und diese prägen mich bis heute! Es wäre etwas krass zu sagen, so und jetzt Leute bin ich Punk, von einem Tag auf den anderen. Man entwickelt sich als Mensch und erweitert seine Horizonte über viele Jahre, so war das dann auch bei mir. Ich habe mittlerweile sehr viele tolle Menschen kennen gelernt und Kontakte zur Szene geknüpft, was sich anfänglich als sehr schwierig gestaltete, da ich immer noch in einem 500 Einwohner-Ort wohne. Auch viele Besetzungswechsel waren für Die Dorks nötig, bis sich Menschen gefunden haben, die nicht nur zusammen Mucke machen, sondern sich auch gut verstehen. Vielen wäre das bestimmt zu „anstrengend“ hier in Bayern, seinen Lebensstil so konsequent durchzuziehen, denn eine Punkrockband hat hier nur wenige Auftrittsmöglichkeiten, wenn sie nicht soviel herum reisen mag. Mir war das aber eigentlich immer ziemlich egal, wenn man Menschen treffen will die man ins Herz geschlossen hat, dann lohnt es sich hunderte von Kilometern zu reisen.

Ich bin gerade leicht geschockt. Aber jeder hat so seine Jugendsünde (lach). Stimmt es, dass in dieser Szene Playback groß geschrieben wird?
Hehe, ja das stimmt, das ist echt heftig, was das für eine perverse Masseninszenierung ist, da wird dir wirklich jeder Schritt vorgegeben! Wie du in die scheiß Kamera gucken sollst oder welchen Schritt du zu gehen hast, und natürlich ist das alles Vollplayback! Schau es dir an, du wirst dich kaputt lachen!

Wie war die Umstellung für die von einer Volksmusikerin auf Punkerin?
Naja Punkrocker zu werden, da braucht man doch nicht überlegen, man muss es nur im Blut haben, sich gekonnt daneben zu benehmen :p, das kann man nicht lernen, nen Punkrocker ist man nur wenn man ein authentischer Mensch ist und sich nicht für andere verstellt. In der Volksmusikbranche sagt man dir was du zu tun hast.

Dorks-bierstand

Wie ist das für dich als Frau neben deinen versauten Bandkollegen? Gibt es Differenzen zwischen euch oder läuft alles normal?
Das nenn ich mal `ne sehr geile Frage und ich denke das wird diverse Leser, die uns kennen sehr belustigen. Anscheinend hast du dich schon intensiver mit meinen Bandkollegen beschäftigt, kennst mich aber noch nicht näher. Ich bin mindestens genauso schlimm, wie die alle zusammen und habe einen extrem politisch, unkorrekten Humor,mit dem einige gar nicht klar kommen. Ich finde es auch sehr überzogen, wie manche Ladys aus der Punkrockwelt reagieren, wenn man einfach nur mal nen dummen oder flachen Witz macht und finde es sehr schade, dass man nicht auch mal über sich selbst lachen kann und alles gleich so ernst nimmt. Zwischen doofem Humor und jemanden wirklich erniedrigen besteht ja immer noch ein Unterschied, und glaube mir ich würde sofort dazwischen gehen, wenn man einem Mädchen mal Unrecht antut und ich das mitbekomme. Ich habe auch selbst schon erlebt, dass es manche stumpfen Prolls in der Szene gibt, die auch ein Problem mit mir haben, weil ich sehr dominant und selbstbewusst rüberkomme. Ich muss aber auch sagen, dass ich mit Sicherheit keine „klassische“ Sängerin oder Frau bin. Ich musste Die Dorks niemals mit „Sex sells“ repräsentieren und lege auch nicht sonderlich Wert auf Äußerlichkeiten, wie mich zu schminken oder sonst irgend nen Trara. Ein schöner Mensch muss das nicht, er hat Ausstrahlung durch all das, was er mit dem Herzen macht. Und wenn du dein Herz nach außen trägst, schaffst du es andere mit zu reißen. All das was wir bisher als Band erreicht haben, haben wir unseren authentischen Charakteren und der Musik die wir machen zu verdanken. Wir arbeiten ständig daran uns auch musikalisch weiter zu entwickeln, haben uns aber als Menschen nie verstellt, denn ein Punkrocker definiert sich durch Ehrlichkeit und damit, dass er seiner eigenen Grundhaltung treu bleibt. Wer damit nicht klar kommt, kommt sicher auch nicht mit uns 5 stabilen Typen klar. Eigentlich sind wir ja 6, denn Donald der Punkdesigner ist unser „Manager“ und Mädchen für alles.

Euer Punkdesigner Donald, verwendet dich und die Jungs in seinem Comic. Wie kam es dazu?
Na das ist ganz einfach, den Donald haben wir 2012 kennen gelernt und seitdem sind wir alle die besten Freunde. Er hat sich mittlerweile nicht nur als Hausdesigner sondern als fixer Bestandteil in die Band integriert. Er macht jetzt nicht nur unsere Designs, sondern schreibt ab und an auch Texte oder einzelne Passagen für die Songs und liest sich meist als erster neue Songtexte durch. Angefangen hat alles mit dem „Dispo Pogo“, wo die Idee und der halbe Text auch von ihm stammt. Mittlerweile bindet er sich auch musikalisch ein. Er hat sein Keyboard aus dem Schrank geholt, was ihr dann auch auf dem kommenden Album hören werdet. Wir haben ihn schon in ein paar Songs integriert! Er probiert sich auch noch an anderen Instrumenten, aber wir wollen ja echt nicht zu viel verraten, wieviel Tolles da 2016 mit unserem neuen Album auf die Menschheit zukommt! Nur so viel: Es wird geil und macht das ganze noch ein Stückchen abwechslungsreicher.

Gibt es schon einen Namen für das neue Album?
Es sind noch ein paar Möglichkeiten im Gespräch, aber wir konnten uns noch nicht entscheiden, wie unser neues Punkrock-Baby heißen soll. Im Dezember werden wir uns erstmal an der Filmmusik für einen Dokumentarfilm beteiligen, der sich mit dem Thema „Rechtsextremismus früher und heute“ beschäftigt und auch den sogenannten „Mythos der Stunde Null“ entzaubern will. Die Befürworter dieser These gingen ja davon aus, dass nach 1945 die totale Selbstaufgabe aller althergebrachten deutschen Werte stattgefunden haben soll. Im Film soll diese These widerlegt werden und dokumentiert werden, wie der Rechtsextremismus sich in der Gesellschaft des Jahres 2015 manifestiert hat. Er ist immer noch präsent, präsentiert sich eben nur in anderem Gewand als früher. Wir steuern mit unserem Song „System der Schande“ die Titelmusik zum Film bei. Sofern es zum Filmprojekt die nächsten Infos gibt, lassen wir es euch natürlich wissen, da unser Sänger in die ganze Arbeit zum Film auch involviert ist. Das ganze Projekt befindet sich momentan noch in der „Mache“, wird aber mit Sicherheit `ne ganz tolle Sache! Im Februar 2016 gehen wir dann für das Album ins Studio, zu dem ich jetzt noch nicht zu viel verraten will.

Genauso wie Du, sagen wir von BlattTurbo „Nein zu Rechtsextremismus“. Natürlich wurden selbst wir schon von Bands angeschrieben, die eine klare Braune Politische Einstellungen haben. Inwiefern habt ihr als Punkband bei euren Auftritten schon Probleme gehabt? Gerade du Lisa, wurdest bereits überfallen. Wie denkst du darüber und wie geht es dir seitdem? Hast du Angst vor weiteren Angriffen?
Also zum Glück verirren sich selten ewig Gestrige auf unseren Konzerten. Liegt bestimmt daran, dass wir uns stets auf den Gigs klar positionieren und auch textlich genug Inhalte gegen die braune Brut abliefern, dass sich erst gar keiner zu uns hintraut. Einmal haben wir ein Konzert in der Oberpfalz gespielt, wo es dann plötzlich hieß dass draußen Faschos stressen und Leute anpöbeln, letztendlich dann auch handgreiflich wurden und auf junge Konzertbesucher losgingen. Da waren leider auch junge Mädels dabei, so wie es bei mir war als man mir letztens mein Auge blau geschlagen hat. Da sieht man mal wie feige diese Gestalten noch dazu sind. Wir hatten gerade gespielt und dann kam jemand zur Bühne gelaufen und hat uns mitgeteilt, dass es draußen Stress mit den Nazis gibt. Wir haben sofort `ne Ansage gemacht, dass wir jetzt alle rausgehen und dazwischen gehen, was dann auch passiert ist. Es war keiner mehr im Raum. So funktioniert das, so muss das, das ist Punkrock! Ich habe vor niemandem Angst und würde immer dazwischen gehen, wenn ich sehe dass jemand angegriffen wird und würde mir von der Gesellschaft auch mehr Zivilcourage wünschen. Und auch wenn jemand selber körperlich vielleicht nicht der Schrank ist, hat er zumindest `nen Mund, dass er andere mobilisieren kann statt einfach nur weg zu sehen und Unrecht zu tolerieren.

Was leider nur die wenigstens tun. Die Gewalt in Deutschland nimmt leider immer mehr überhand an. Hast du eine Vermutung, warum dies so sein könnte?
Ich denke da spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Zum einen begeben wir uns auf direktem Weg in eine Depersonalisierung der Gesellschaft, wo man sich nicht mehr von Angesicht zu Angesicht Problemen stellen muss und sich hinter einer virtuellen Scheinwelt verstecken kann. Probleme werden nur noch selten persönlich ausdiskutiert. Leid und Unrecht wird zwar auf Facefuck und Co. geteilt, aber lässt sich halt auch so einfach mit einem Mausklick wegmachen. Man ist leider nicht gezwungen, es sich anzusehen, wenn man nicht vor die Haustüre geht. Es interessiert sich auch keiner für die aktuell rapide zunehmende Aggression gegen Flüchtlinge, solange es demjenigen gut geht. Die Wohlstandsgesellschaft beschwert sich erst dann, wenn „Fremde“ vor der Haustür stehen und haben keine Ahnung davon, warum diese Menschen in unser Land fliehen mussten. Die mangelnde Bildung fängt bei den Jüngsten schon an und ich habe den Eindruck, dass die in den letzten 10 Jahren nachfolgenden Generationen von mal zu mal mehr geistig verarmen. Es ist so einfach, sich berieseln zu lassen. Statt selber zu denken glaubt man auch lieber nur den Massenmedien. Wichtig ist nur noch, bei diversen Trends vorne mit dabei zu sein und wer finanziell da nicht mithalten kann, wird oft aggressiv und projiziert dann grundlos seinen Hass auf andere.

Auf der aktuellen Platte „Duschen auf Staatskosten“ äußert ihr eure Meinung gegenüber der Gesellschaft. Habt ihr deswegen schon Ärger gehabt?
Du meinst ob wir irgendwo schon mal nicht auftreten durften deswegen? Bisher hatten wir noch keine Probleme in der Form, ganz im Gegenteil, es sind sehr viele unterschiedliche Menschen, die wir mit unseren Texten berührt haben. Es macht mich wahnsinnig stolz, dass wir es geschafft haben, auch Menschen außerhalb der sogenannten Punkrockszene mit unseren Texten anzusprechen und das Feedback zu bekommen „Ey Leute, das was ihr zu sagen habt kommt so ehrlich rüber und es hat mich im Herzen berührt“. Für irgend eine Szene hab ich noch nie einen Text geschrieben. Ich schreibe einen Text, weil ich die Gesellschaft damit zum Nachdenken bewegen will und jeder sich damit angesprochen fühlen soll. Ich trage das was mich im Innersten bewegt nach außen um andere wach zu rütteln. „Duschen auf Staatskosten“ ist unsere bisher stärkste Scheibe, ob sie das Potential hat auch an der richtigen Stelle zu provozieren, das wird die Zukunft zeigen. Es wäre aber definitiv erstrebenswert für uns Ärger dafür zu bekommen, denn dann hätten wir ja eigentlich alles richtig gemacht!

Ist ein Nachfolger für „Duschen auf Staatskosten“ schon geplant?
Na klar, im Februar 2016 gehen wir wieder ins Studio um unser neues Album aufzunehmen!

Tretet ihr immer noch gerne in Bayrischen Trachten auf? Zur Anfangszeit sah man dich noch im Dirndl. Heute auch noch?
Hahaha, das war eigentlich ne einmalige Sache als Bühnenshow! Wir sind einfach damals auf den Zug aufgesprungen, als das in der Punkszene die Runde machte, dass ich mal Schlagersängerin war! Wir haben uns daraufhin zur Release unseres 2. Albums in Trachtengewänder geschmissen. Dann war der Drops aber auch wieder gelutscht, ich finde es gut wenn sich Bands zwischendrin immer mal wieder nen neuen Gag ausdenken. So hatten wir z. B. passend zur Release von Duschen auf Staatskosten alle ziemlich coole Badeanzüge im Retrostyle auf der Bühne an. Das kam auch sehr gut an!

Ihr musstet damals zur Release Party auf eine andere Location plötzlich ausweichen, weil der Betreiber die Veranstaltung absagte. Mit einer Autobatterie habt ihr eure Instrumente betrieben. Wie war das für euch?
Erst glich es fast einer Katastrophe, doch dann wurde es zu einem unserer geilsten Konzerte das wir je hatten, mit freundlicher Unterstützung der Polizei Simbach am Inn. Die haben nicht verstanden, wieso man uns nicht mehr in der Location haben wollte, dann haben wir gesagt lasst uns hier Mucke aus der Dose machen. Der Kumpel von unserem Gitarristen hatte eigentlich als erster die Idee! Die Polizei hat uns in Frieden gelassen und hat nicht schlecht gestaunt, dass hier dann plötzlich ein Konzert mit 70, 80 Leuten war, als sie nochmal vorbei geguckt haben. Sogar die Anwohner kamen aus ihren Häusern und haben mitgetanzt und uns gefeiert mit den Worten, dass sowas geiles seit den Siebzigern niemand mehr im verschlafenen Simbach gebracht hat. Diesen Abend werden wir nie vergessen, es war wunderschön. Alle haben Pogo getanzt, Punks, alte Rocker und was sich noch so verirrt hatte dort. Es war ein Sandstrand am Flussufer und die Atmosphäre hätte nicht geiler sein können.

Zum Abschluss des Interviews überlasse ich dir Traditionell das letzte Wort…
Hehe, genau und das ist noch lange nicht gesprochen bei den Dorks! Wir feiern nächstes Jahr unser 10-jähriges, da lassen wir uns auch noch was ganz Besonderes dazu einfallen!